Auf diesem Gelände entstand um 1620 ein Landhaus mit „Lustgarten“ und Gartenhaus (Haus a und m/n). 1676 erwarb das „Krameramt“, die Zunft der Einzelhändler, das Grundstück und bebaute es mit zwei Hofflügeln. Die jeweils fünf Häuser (Haus b-f und g-l) waren für die Witwen der Zunftmitglieder gedacht.
Als 1863 mit der Gewerbefreiheit die „Ämter“ aufgehoben wurden, erwarb die Stadt die Bauten und nutzte sie bis 1969 als Altenwohnungen. 1971-74 wurde dieser letzte Wohnhof des 17. Jahrhunderts in Hamburg durchgreifend renoviert.
GESCHICHTE DES KRAMERAMTS
Im Jahr 1375 schlossen sich die Kleinhändler, die ihren festen Stand oder Laden in der Stadt besaßen und vornehmlich mit Gewürzen, Seidenstoffen und Eisenwaren handel-ten, im Krameramt zusammen und gaben dieser Vereinigung Statuten. Das Zunftzeichen der Kramer und Kolonialwarenhändler zeigt ihre beiden wichtigsten Messgeräte: die Balkenwaage und die Elle. Es ist auf einer Tafel im Hof zu sehen. 300 Jahre später ließ die wohlhabende Berufsorgani-sation Freiwohnungen für jeweils 20 Witwen ihrer verstorbenen Amtsbrüder errichten. Um einen neuen Krämer zuzu-lassen, lag es im Interesse der Zunft, die Witwen aus den Ladengeschäften in Altenwohnungen umzusiedeln. Diese Einrichtungen entsprachen einer für diese Zeit typischen Form der selbst organisierten Altenversorgung.
DIE WITWEN-WOHNUNGEN DAMALS …
Die 1676 gebauten Reihenhäuser sind alle gleich geschnit-ten: Je zwei Wohnungen stehen spiegelgleich nebeneinan-der. Der Wohnbereich verteilte sich auf zwei Ebenen. Im Erdgeschoss befanden sich neben dem Eingangsflur mit schmaler Treppe nach oben ein kleines Wohnzimmer und eine enge Küche, die nur durch das zum Zimmer führende Innenfenster Tageslicht erhielt. Das erste Obergeschoss bestand aus der „guten Stube“ mit einer von einem Alkoven umschlossenen Bettstatt. Eine weitere Treppe führte ins Dachgeschoss, das zum Hof hin eine befensterte Luke hatte, durch die der Brennstoff wie Holz und Torf befördert wurde. Eine Gemeinschaftstoilette befand sich am Ende des Hofes. Bis zur Installation von Wasserleitungen Ende des 19. Jahrhunderts wurden zwei Wasserpumpen genutzt.
… UND HEUTE ALS MUSEUM
Die beiden Häuserzeilen mit dem schmalen Gang dienten bis zur Restaurierung im Jahre 1968 als Altenwohnungen. 1974übernahm das Museum für Hamburgische Geschichte eine Wohnung und richtete sie mit Möbeln des 19. Jahr-hunderts ein. Die Einrichtungsgegenstände stammen nicht ursprünglich aus der Wohnung, repräsentieren aber den Wohngeschmack einer gehobenen Mittelschicht. Für die Gestaltung der Wände mit Schablonenmalerei wurde eine alte Handwerkstechnik angewendet.
BESUCH IN HAMBURGS ÄLTES-TER „REIHENHAUS-SIEDLUNG“
In der Innenstadt, unmittelbar am Großen Michel gelegen, befindet sich das letzte erhaltene Beispiel für eine typisch hamburgische Wohnungsanlage aus dem 17. Jahrhundert. Eine der Wohnungen ist heute museal mit Möbeln des 19. Jahrhunderts ausgestattet. Sie ist umgeben von kleinen Geschäften zum Stöbern, einem Teekontor, einer Galerie junger Künstler sowie einem Restaurant mit Hofcafé.