Heute morgen erreichen wir die polnische Stadt Danzig. Sturmgeschützt machen wir an der Pier fest, und es entwickelt sich ein sonniger Sommertag mit fast 30 Grad in der Stadt.
Ein Shuttle-Bus bringt uns in 15 Minuten direkt an den Rand der Altstadt. Über Jahrhunderte geprägt von der Hanse, war Danzig später lange umstritten zwischen Deutschen und Polen. Aber auch die slawischen Kaschuben betrachten Danzig als ihre heimliche Hauptstadt. Am Ende des Zweiten Weltkrieges wurde Danzig durch Luftangriffe und anschließende Großbrände extrem stark zerstört – im Bereich der Altstadt spricht man von 97 %. Umso mehr Respekt verdient die Tatsache, daß es keine 20 Jahre dauerte, bis Danzig anhand der alten Baupläne originalgetreu wieder aufgebaut war.
Und so können wir dieses Juwel jetzt in herrlichem Zustand genießen: Wir flanieren über breite Kopfsteinpflaster-Straßen, die gesäumt sind mit den verzierten Fassaden prachtvoller Giebelhäuser. Meist sind die Häuser nicht sehr breit und haben nur 2 oder 3 Fenster pro Etage, denn die Danziger hatten eine spezielle Fenstersteuer zu entrichten. Es dominiert der Renaissance-Stil, und viele Bauten sind von holländischen Baustilen beeinflußt. Die Fassaden sind sehr reich bemalt; prächtiger Figurenschmuck ziert die Giebel und Eingänge.
Und vielleicht wirkt Danzig heute besonders prunkvoll auf uns, weil wir gestern in Karlskrona waren mit seinem sehr schlichten, klaren Barock – was für ein interessanter Gegensatz!
Besonders spannend sind die verschiedenen Tore: das Grüne- und das alte Krantor am Fluß Motlawa, sowie das Peinkammer- und das Langgasser Tor auf der Landseite. Und natürlich die verschiedenen gotischen Kirchen, allen voran die Marienkirche, ihres Zeichens die größte Backstein-Kirche der Welt. Wer die Mühe auf sich nimmt, die 400 Stufen durch enge Gänge und gewundene Treppenhäuser auf ihren Turm hinaufzusteigen, wird belohnt mit einer grandiosen Rundum-Aussicht über die gesamte Stadt bis zur Ostsee.
Wer mehr über die Stadt und einzelne Gebäude erfahren möchte, schließt sich einem unserer Ausflüge an. Morgens beginnen mehrere Stadtrundgänge, bei denen wir durch die Altstadt spazieren und die Marienkirche auch von innen besichtigen. Ein weiterer Ausflug fährt im Anschluß ins nahe gelegene Strandbad Sopot. Und ein dritter Ausflug fährt zur Marienburg. Dieser gewaltige Backsteinbau war ab 1309 der Hauptsitz des Deutschen Ritterordens, der
von 1308 bis 1454 auch Danzig beherrschte in seinem bis ins Baltikum reichenden Deutschordens-Staat, ein in der Weltgeschichte einzigartiges militärisch-religiöses Staatswesen.
Danzig ist aber auch die selbst ernannte „Welthauptstadt des Bernsteins“, und überall werden Schmuckstücke aus diesem „Sonnen-Gold der Ostsee“ angeboten. Echter baltischer Bernstein (oder Succinit) ist ein fossiles Baumharz und bis zu 310 Millionen Jahre alt. In grauer Vorzeit muß er so häufig gewesen sein, daß er schlicht als Brennmaterial diente. Sein Name leitet sich ab vom plattdeutschen „Börnsteen“: brennender Stein.
Spätestens ab der Bronzezeit aber etablierten sich feste Handelswege von der Ostsee in den Mittelmeerraum, denn Bernstein war extrem begehrt im Alten Ägypten, aber auch bei den Phöniziern, Römern und Griechen. Letztere betrachteten ihn als Tränen der Sonne, nannten ihn „Elektron“ (strahlendes Gold) und verwendeten ihn wegen seiner elektrostatischen Aufladbarkeit u.a. als Kleiderbürste. Als später die Elektrizität erforscht wurde, benannte man diese neue Kraft dann tatsächlich nach dem Bernstein!