Der heutige Tag gehört der schwedischen Insel Gotland. Die nach Seeland (Dänemark) und vor Fünen (Dänemark), sowie Saaremaa (Estland) zweitgrößte Insel der Ostsee liegt nordöstlich von Öland. Ihren Namen hat sie von dem Germanenstamm der Goten, die die Insel laut der Gutasaga um die Zeitenwende zumindest teilweise verlassen haben, um auf dem Kontinent, später als Ost- und Westgoten, große Reiche im mediterranen Raum zu errichten.

Die Insel Gotland bildet zusammen mit einigen benachbarten kleineren Inseln die Provinz Gotlands län, die historische Provinz Gotland, sowie die Gemeinde Gotland. Gegen 08.00 Uhr sind wir in Slite auf der Ostseite der Insel fest. Auf diesen Hafen haben wir ja ausweichen müssen, weil der Wind auf der Westseite der Insel einfach so heftig ist, dass der Hafen von Visby gestern geschlossen worden ist (siehe Logbuch-Eintrag gestern).

Visby wiederum ist eine Stadt an der Westküste von Gotland und die Hauptstadt der Provinz Gotlands län in der historischen Provinz Gotland und Hauptort der Gemeinde Region Gotland, sowie Bischofssitz des gleichnamigen Bistums. Das rot-weiße Stadtwappen zeigt das Lamm Gottes; man vergleiche damit das blau-weiße Insel-Wappen.)

Da ist doch für jeden etwas dabei – zumal alle Ausflüge mit einem schönen Mittagessen „in der Stadt“ abschließen. Wer selbständig sein will, benutzt die Shuttlebusse; Abfahrt um 10.00 Uhr und um 11.00 Uhr ab Schiff.
Noch ein paar Bemerkungen zu Gotland im Allgemeinen und zu Visby und Slite im Speziellen. Gotland hat eine Fläche von 2.994 km2. Die höchste Erhebung, Lojsta, bringt es auf immerhin 82 m. Und am 31. März 2021 haben 60.288 Menschen auf Gotland gelebt.

Die Insel besteht zu weiten Teilen aus einem Kalksteinplateau. Im Süden liegt ein größerer Bereich auf einer Sandsteinformation. Entsprechend seinen Ressourcen ist Gotland von der Stein- und Zementindustrie, vom Mergel- und Tonabbau und vom Fischfang geprägt worden. Die Kalkbrennerei (Kalköfen von Bärlast und Kyllaj) hat natürlich zur Entwaldung der Insel beigetragen. Im Jahr 1730 wurde die Zahl der Öfen auf 18 halbiert. Heute wird nur noch an wenigen Orten Kalkstein abgebaut. Die Zementherstellung ist auf den Ort Slite konzentriert, wo Schwedens größtes Werk steht.

Hauptort der Insel ist die frühere Hansestadt Visby. Sie hat sich in der Mitte des 12. Jahrhunderts zum führenden Handelshafen des Ostseeraumes entwickelt. Entsprechend ist die Bautätigkeit in der Stadt gewesen, und sehr viel der alten Bajusubstanz ist bis heute er- halten geblieben. Visby ist bereits 1805 unter Denkmalschutz gestellt worden, und seit 1995 ist die Stadt Teil des Weltkulturerbes der UNESCO. Herausragender Teil der zahlreichen mittelalterlichen Bauten ist die fast vollständig erhaltene, 3,6 km lange und zwischen 6 und 9 m hohe Ringmauer mit der Ruine der Visborg. Zudem waren noch Anfang des 20. Jahrhunderts 29 alte Stadttürme erhalten. Mit seinem Dom, ursprünglich Sankt-Maria-Kirche, im Jahr 1225 eingeweiht, den zahlreichen Kirchenruinen wie St. Karin, St. Nikolaus (1240 von den Dominikanern erbaut), sowie dem Kloster Solberga mit dem Museum Gotlands Fornsal gehört Visby zu den besonders sehenswerten Städten in Schweden. Das älteste erhaltene Gebäude der Stadt ist Kruttornet (der Pulverturm), nach 1151 errichtet.

„Unser Hafen“ Slite wiederum ist der drittgrößte Ort der Insel. Er ist das wirtschaftliche Zentrum Nordostgotlands. Lange Zeit ist Slite ein Zentrum des Handels gewesen; heute ist der Tourismus eine wichtige Einnahmequelle, aber auch die Industrie mit der Gewinnung von Stein und Kies, sowie der Zementherstellung. In Slite befindet sich eines der größten Zementwerke Nordeuropas, das von Cementa, einem Tochterunternehmen der HeidelbergCement, betrieben wird. Die Anlagen überragen – und dominieren – das gesamte Ortsbild. In Sichtweite dieses Werkes liegen wir an der Pier.

Slite hat knapp 1.000 Einwohner. Es gibt eine Kirche, ein Versammlungshaus, eine große Schule, eine Tankstelle, zwei Supermärkte, eine Apotheke, ein Hotel. Und schließlich liegen vor Slite ein paar kleine Inseln, die das Expeditionsteam und die Brücke neugierig machen. Um 16.30 Uhr ist Landgangsende, um 17.00 Uhr löst sich die HANSEATIC spirit von der Pier in Slite und dampft los in Richtung Møn. Dorthin sind es 272 nm. Wir müssen uns also ein wenig sputen.

Um 18.30 Uhr schaut Kapitän Axel Engeldrum im HanseAtrium noch einmal auf die gestrige, heutige und morgige Wetterlage. Er berichtet auch über die Scouting-Aktivitäten, die bei solcher Gelegenheit gerne angezettelt werden. Man weiß ja nie, ob beim nächsten geplanten Besuch Visbys nicht auch wieder umgeplant und auf Slite ausgewichen werden muss. Und: Es ist auf Expeditionskreuzfahrten immer gut, zusätzliche Pfeile im Köcher zu haben.

Dem Kapitän folgt Experte und Wahl-Däne Klaus Kiesewetter. Er gibt einen Überblick über das für den morgigen Tag auf Møn Geplante. Wir werden wieder sehen, wie es werden wird! Wir planen ja einen Einsatz der Zodiacflotte des Schiffes, und da ist man immer auf passiges Wetter angewiesen.

Dem Abendessen folgt die um 21.30 Uhr ein „Klassischer Klavierabend: Alexander Gorlenko präsentiert beliebte und bekannte Werke von Ludwig van Beethoven, Franz Schubert, Alexan- der Skrijabin, Sergej Rachmaninoff und Edvard Grieg. Schön!