Isern Hinrik war ein Graf von Schauenburg-Holstein, Gerhard des Großen Sohn, ein Ritterlicher Mann von ungemeiner Kraft und Festigkeit, des Kriegsmuth ihn schon in jungen Jahren, als er gegen die Dänenund unter dem schwedischen König gegen die Finnen zu Felde zog, berühmt gemacht hatte; wegen welcher Eigenschaft auch Heinrich der Eiserne oder Plattdeutsch „Isern Hinrik“ davon trug.
Diesen Beinamen soll er zuerst bekommen haben, als er in Kriegsdiensten von England in der Schlacht bei Cressy unter andern Heldenthaten auch den König von Frankreich (nach Andern den von Böhmen) gefangen nahm, indem er mit zwei Rittern in den feindlichen Haufen sprengte, mit den König bei dessen goldenen Halskette faßte und herauszog, während er mit der Rechten die Trabanten niederhieb.
Wegen solcher That wurde er einer der obersten Kriegshauptleute und mit Ehren überhäuft, als er nach England heimkehrte. Darüber bekam er viele Neider und Feinde unter den Engländern, die ihm Hinterhalte stellte, aus denen er sich aber immer durch unerschrockene Kühnheit glücklich heraus zu kämpfen verstand.
Des König Ohr war zwar gegen Verläumdungen taub, die Isern Hinrik’s Neider wider ihn ausstreueten. Aber die Königin gewannen sie damit, das sie ihr vorredeten, er sei Keiner von hohen Adel, und nur ein Deutscher Abentheurer. Sie ließ darum, in des Königs Abwesenheit, eine Probe zu, von der die Neider hofften,daß sie ihn verderben solle. Es hieß nämlich, daß ein Löwe keinen ächt und recht geborenen Fürsten und Herrn verletze; deshalb ließen sie heimlich in der Nacht den großen Löwen des Königs aus dem Zwinger, daß er im königlichen Burghofe frei umhergehe.
Als nun Isern Hinrik des Morgens in der Dämmerung, wie er’s zu thun pflegte, aufstand, um frische Lft zu schöpfen, und nur im Mantel ohne Wehr und Waffen in den Hof trat, da sprang ihn der Löwe ingrimmig an und brüllte fürchterlich. Isern Hinrik aber, unerschrocken wie immer, blickte ihn fest an, hob die Faust etwas gegen ihn und sprach mit ernster Stimme: „Bis stille, bis stille, du frevelicher Leu!“ und alsbald legte sich der Löwe still und stumm demüthig zu des Grafen Füßen, der ihn dann in seinen Zwinger gehen hieß. Darüber entsetzten sich seine Widersacher, die heimlich auf den Verlauf der Sache Acht gegeben hatten, und von nun an hatte der Graf Frieden vor Ihnen.
Isern Hinrik mochte aber nicht mehr länger in England bleiben, und der König, so lieb er ihn auch hatte, mußte ihn ziehen lassen. Er hatte dem Pabst Urban als Feldherr gedient und auch in Italien viele herrliche Thaten verrichtet, und ist der Römischen Hinterlist so tapfer entgegengetreten wie der Englischen und endlich, der Plackereien müde, nach Holstein heimgezogen, wo er sein Land regierte mit kräftiger starker Hand. Die Schweden trugen ihm nachmals die Königskrone an.
Die Städter, nämlich Lübecker und Hamburger, hat er anfangs nicht gut leiden können. denn Ihm war’s verhßt, das die Mauerhocker und Krämer, wie er sie nannte, zu so großer Macht und Herrschaft gekommen waren, weshalb er auch den räuberischen Edelleuten seines Landes durch die Finger sah, wenn sie die Hanseschen Wagen plünderten. Die Städter griffen, um sich zu vertheidigen auch hie und da ein bischen zu weit, und als sie, um nach den Räubern zu fahnden, 200 ihrer Reiter in die Stadt Segeberg legten, da kam Isern Hinrik über Nacht hinzu, nahm die 200 Reiter und alle Hansischen Bürger die er traf gefangen, bis sie sich löseten, woraus eine langwierige Fehde entstand, die endlihc von Kaisers und Reichs wegen vermittelt wurde.
Inzwischen hatte Isern Hinrik der Städter Tapferkeit und ihre Rechte besser kennen gelernt, darum versprach er sie zu schützen gegen Straßenräuber und Buschklepper, wie gegen seine beutelustige Ritterschaft; es wurde deshalb zu Lübeck ein Vertrag geschlossen, daran auch, außer Isern Hinrik, die Grafen Johann, Clas und Gerd theilnahmen. Und 1347 vereinigten sich die selben nochmals mit dem Hamburger Rathe zu Vertilgung und Ausrottung der Raubgesellen, namentlich derer an der Alster. In Folge dessen eroberten und schleiften die Hamburger sogleich das feste Haus zu Wohldorp, dessen schöne Ländereien und Forsten, später friedlich erworben, ihnen jetzt noch gehören; die Burg Lienau nahmen und brachen sie ebenso. Stegen aber belagerten sie und die Grafen lange vergeblich, bis der Herr Burgherr, Johann von Hummelsbüttel, gegen 5000 Mark freien Abzug ins ausland, die Veste übergab, die dann zerstört wurde.
Seitdem lebte Isern Hinrik mit den Hamburgern in guten Vernehmen, bis auf die Zwistigkeiten wegen der vergebens von ihm verlangten Huldigung; er kam zuweilen hierher und wurde hoch geehrt, denn seine Kriegsthatenwaren bekannt und das Volk hielt ihn werth, und erzählte sich viel von seinen Ritterfahrten und Heldenstücken.
Und als später vor dem Dammthore, welches dazumal hart an der Alster, unfern der Reesendammbrücke gelegen hat (Neuer Wall), ein neuer Zwingerturm zur Befestigung der Außenwerke gebaut wurde, da nannte man diesen Turm, dem starken Grafen zu Ehren, I s e r n H i n r i k. Er blieb stehen als die Stadt und Festung erweitert wurde und diente zuletzt, ehe er 1728 abgebrochen wurde, einigen Reitendienern zur Wohnung.